Erdbeben in Haiti – THW entsendet Helfer.

Das schwere Erdbeben der Stärke 7 am 12.01.2010, das große Teile Haitis in Schutt und Asche legte, führte zu einem noch heute andauernden Einsatz der Bundesanstalt THW. Kurz nach dem Beben schickte das THW im Auftrag des Auswärtigen Amts spezialisierte Teams zur Trinkwasseraufbereitung nach Haiti. Auch der OV München Mitte stellte dabei zwei Einsatzleiter.

Während Max Berthold als Einsatzleiter im Team 5 in Port au Prince stationiert war, befand sich Olaf Quednau, ebenfalls als Einsatzleiter, im Ort Leogane. Beide unterstützten für jeweils 4 Wochen die koordinierten Hilfsaktionen des Technischen Hilfswerks, indem sie mit den THW Trinkwasseraufbereitungsanlagen der Bevölkerung frisches, trinkbares Wasser zur Verfügung stellen konnten. Über den gesamten Zeitraum produzierte das THW Millionen Liter dringend benötigtes Trinkwasser. Der Einsatz dauert noch an und wird voraussichtlich mit der Wiederherstellung der Trinkwasser-Infrastruktur Ende Juli 2010 enden.

Nachfolgend ein Rückblick auf den Einsatz durch Olaf Quednau:
(SEEWA: Schnell-Einsatz-Einheit Wasser Ausland)

Am 12. Januar erschütterte ein Erdbeben mit der Stärke 7 Haiti. Große Teile der Hauptstadt Port au Prince wurden zerstört.  In der Region um die Stadt Leogane, die dem Epizentrum am nächsten liegt ,  wird die Zertrümmerung auf 80 % geschätzt. Kurze Zeit nach dem Beben wurde ein Erkundungsteam des THW auf Bitten des AA nach Haiti geschickt.

Mit im Team war Michael Deininger von der SEEWA Süd aus  dem OV Starnberg. Wegen der gebotenen Eile wurde Michael direkt nach der Alarmierung mit einem Hubschrauber der Bundespolizei von Oberschleißheim an den Flughafen nach Frankfurt geflogen. Nach der Einsatzbesprechung ging die lange Reise los. Während der Anreise wurde der Flughafen von Port au Prince von den US-Amerikanischen Streitkräften übernommen, so dass die ursprüngliche Reiseplanung geändert werden musste. Die Anreise erfolgte nun über Puerto Rico nach Santo Domingo in der Dominikanischen Republik. Von dort aus ging es mit vier Jeeps weitere acht Stunden bis nach Port au Prince. Nach der Registrierung bei den Vereinten Nationen wurde das Erkundungsteam in der Botschaft untergebracht und  die Arbeit aufgenommen. Michaels Aufgabe bestand in der Erkundung optimaler Standorte für die Trinkwasseraufbereitung , möglicher Abgabestellen, Ermittlung des Bedarfs an Trinkwasser sowie Mithilfe bei der Koordinierung der Wasserabgabe in den Camps.

Nach zwei Tagen, zeitgleich mit dem Eintreffen des ersten SEEWA Teams, war der optimale Standtort für die Aufbereitungsanlage in Port au Prince gefunden und die gelieferten 12 Tonnen wurden ausgeladen, verteilt und die Anlagen und das Camp für die Mannschaft aufgebaut. Die Erkundung in Leogane war der letze Teil von Michaels Aufgabe in Haiti.

Der Einsatz in Haiti wird federführend von der SEEWA Nord geleitet (Anm.: Es existieren drei SEEWA-Bezirke, die jeweils abwechselnd in Bereitschaft stehen: Nord, Mitte und Süd.), das erste Team hat die  Anlagen in Port au Prince aufgebaut und auf demselben Grundstück sein Zeltlager errichtet. Dort wurden täglich bis zu 400.000 Liter Wasser abgegeben. Im vom Erdbeben stark zerstörten Leogane wurde durch das THW inzwischen ein Base Camp für andere deutsche Hilfsorganisationen und ebenfalls eine Trinkwasseraufbereitung errichtet. Die Idee des Base Camps ist die Bereitstellung von Infrastruktur  in Form von Platz, Strom, Wasser, Kommunikation (Internet) und Zelten. Somit konnten die Hilfsorganisationen gleich mit ihrer Arbeit beginnen, ohne Zeit für die Erkundung und den Aufbau eines eigenen Lages zu verlieren.  Moderiert durch das THW, wurde wöchentlich ein Koordinierungstreffen der deutschen Hilfsorganisationen abgehalten. Auf kurzen Wegen wurden erfolgreich Informationen und Material ausgetauscht. Mit  dem Einsatz des dritten Teams wurden zur personellen Unterstützung Helfer der SEEWA Süd und Mitte benötigt.  Aus Bayern mit dabei waren Bernhard Herrndobler (Campmanager) aus Landshut und Olaf Quednau aus München(TL).

Einsatzbegin war am 19.02.2010. Von Frankfurt über Punta Cana auf dem Landweg nach Santo Domingo, Weiterflug mit UNHAS nach Haiti. Abholung am Flughafen durch die THW Kollegen aus Port au Prince. Während eines kurzen Aufenthalts im THW Camp in Port au Prince wird uns durch den HoM (Anm.: Head of Mission) Stefan Than die Lage erklärt und die Aufgaben für die nächsten Wochen besprochen.

Markus Mexer, Ralf Driessen und Nico Litschikowsky  bleiben in Port au Prince, Bernhard und ich werden nach Leogane gefahren.

Während der Fahrt nehmen wir die ersten Eindrücke aus Haiti auf.  Nicht nur durch das Erdbeben zerstörte Häuser bewegen uns, die Straße führt uns durch die Slums von Port au Prince,  Müllberge, Wellblechhütten, Haufen brennenden Plastikabfalls reizen die Augen und die Nase. Haiti gilt als das ärmste Land der westlichen Welt.  Auf allen freien Flächen rechts und links der Straße haben sich wilde IDP Camps angesiedelt, das heißt die durch das Erdbeben obdachlos gewordenen haben sich Behelfsunterkünfte aus dem gebaut, was aus den Trümmern zu retten war. Oftmals nur aus vier Holzstangen und ein paar Laken.

Direkt nach der Ankunft im Camp Leo beginnt für uns die Arbeit.

Es erfolgt die Einweisung durch unsere Vorgänger Andreas Balke und Andreas Grauli, die schon am nächsten Tag abreisen werden.  Der Rest des Teams wird in den nächsten Tagen ausgewechselt.
Unsere Aufgaben sind der Betrieb der TWA (Anm.: Trinkwasser-Aufbereitungsanlage) und der  Weiterbetrieb des Basecamps mit gleichzeitigem  wetterfesten Ausbau wegen der begonnen Regenzeit . Im Moment ist die TWA an einem Fluss vor Leogane stationiert. Wegen der bereits begonnenen Regenzeit und der Ansiedelung wilder IDP Camps am Flussufer  verschlechtert sich jedoch zunehmend die Qualität des Flusswassers. Eine  schlechtere Rohwasserqualität wirkt sich auf die Menge des Reinwassers aus, da mehr Zeit zur Aufbereitung benötigt wird.

Zeit die wir nicht haben, denn täglich erhalten wir Anrufe von Hilfsorganisationen, die Krankenhäuser und Camps betreiben, mit der Bitte um mehr Wasser.  Unsere Vorgänger haben bereits mit dieser Situation gerechnet, weitere Erkundung durchgeführt und bereits eine bessere Rohwasserquelle  gefunden .  Es handelt sich um einen artesischen Brunnen auf einem Grundstück, welches  einer humanitären Schweizer  Stiftung gehört, auf dem in absehbarer Zukunft eine Schule errichtet werden soll.  An uns war es nun, den Umzug der TWA durchzuführen – jedoch ohne großen Ausfall der Reinwassermenge.

Nachdem  der Teamwechsel nun abgeschlossen war,  erstellte die TWA-Mannschaft, bestehend aus Thomas Kolodzi, Mario Piesk und Christian Goitsch, einen detaillierten  Ablaufplan für den Umzug der TWA. Dankbar waren wir für die Unterstützung der kanadischen Streitkräfte, die uns nicht nur einen LKW mit Anhänger  geliehen haben sondern auch in einer schnellen Aktion den neuen TWA-Platz für uns mit Kies aufgeschüttet und planiert haben.

Jetzt ging es los: Wasser vorproduzieren, erste Anlage abbauen und reinigen, Transport zum neuen Platz , Aufbau und Inbetriebnahme . Am nächsten Tag die zweite Anlage. Unser Logistiker Siggi Brümmer, der uns sonst den Rücken freigehalten hat, erwies sich als echtes Talent beim Beladen des Anhängers und sichern der Alukisten.  Der neue TWA-Platz erwies sich schnell als voller Erfolg, die abgegebene Wassermenge konnte auf durchschnittlich 250.000 Liter (Anm.: Pro Tag) gesteigert werden, durch die von uns durchgeführte bessere Koordinierung der Wasserfahrer sogar auf 290.000 Liter.
Nachdem die wichtigste Aufgabe gestemmt war, wurde parallel zur Trinkwasseraufbereitung das Basecamp für die Regenzeit vorbereitet. Die Zelte wurden auf Paletten oder  fertig vormontierte Holzböden  gestellt, damit kein Wasser hineinlaufen kann.  Die Sommerküche unser lokalen Köchinnen und der Waschplatz wurden überdacht. Einige Zelte wurden umgestellt, um einen separaten  Bereich für uns THW-Helfer zu erhalten. Zwischenzeitlich wurde im Base Camp eine Satellitenanlage zur Versorgung aller Bewohner mit Internetanschluss errichtet, alle technischen Probleme mit der IT konnten von Stefan Frauenknecht (THW MünchenWest), der als Kommunikationsexperte das THW Team in der dt. Botschaft unterstütze, gelöst werden. Für drei Tage waren der Präsident der Johanniter, Herr von Kirchbach, Herr von Rümker (Vorstand ) und der Leiter der Auslandshilfe Herr Dost  zu Gast in unserem Camp. Herr von Kirchbach war von der Arbeit des THW so beeindruckt , dass er sein Lob in einem Schreiben an den Innenminister zum Ausdruck gebracht hat.

Das Base Camp wurde  auf dem Gelände einer Missionsschule errichtet . Auf demselben Grundstück gibt es einen Kindergarten für traumatisierte Kinder.  Humedika , Apotheker ohne Grenzen und ein kubanisches Ärzteteam versorgen täglich einige hundert Patienten. Mitglieder  der Freunde der Erziehungskunst, die den Kindergarten unterhalten, fragten an, ob wir die defekte Wasserversorgung des Schulgeländes wieder herstellen könnten, wenn uns das Material gestellt wird. Nach der Teambesprechung am selben Abend wurde das Projekt in Angriff genommen. Unser Laborant Tobias Busmann hatte bereits  das Brunnenwasser getestet. Schnell war klar: Der Hochbehälter muss erneuert werden,  die Verrohrung desinfiziert  und neue Wasserhähne an den Zapfstellen müssen montiert werden.  Nachdem das Material angeliefert war, wurde die Wasserversorgung zur großen Freude  der Kinder und der Patienten schnell repariert.

Am 19.März endete der Einsatz für Bernhardt, Tobias, Christian und mich in Leogane, der Rest des Teams wurde im Lauf der nächsten Woche abgelöst.

Die Trinkwasseraufbereitung in Leogane war noch bis zum zum 15 April  in Betrieb, insgesamt  wurden 11 Millionen Liter Wasser aufbereitet  und abgegeben. Der Einsatz der SEEWA in Port au Prince dauert an.

Olaf Quednau