Hochwassereinsatz 2002 in Stendal

Im August dieses Jahres kam es zu wohl zu einer der größten Umweltkatastrophen
der Nachkriegszeit in Deutschland. Die Flüsse Elbe, Mulde und viele andere
traten über ihre Ufer und überfluteten viele Gebiete. Menschen mußten
Ihre Häuser verlassen, zahlreiche Gebäude standen unter Wasser und
wurden sogar zum Teil abgerissen. Wir als THW-Helfer sind natürlich in
die Sicherungs- und Rettungsaufgaben mit einbezogen worden. Unsere Aufgaben
waren sehr umfangreich, unter anderem sicherten wir die Deiche, evakuierten
Menschen und beseitigten die Schäden.

Nach dem viele Kräfte von uns bereits im Einsatz und wir, die Fachgruppe
E, immer noch daheim waren, dachte ich nicht mehr daran, daß für
uns ein Marschbefehl kommen würde. Am Tag vor der Alarmierung machte ich
noch Scherze: “in 100 Jahren fahren wir nicht hin”. Am darauf folgendem
Tag, Dienstag, den 21.08.2002, wurde ich eines Besseren belehrt. Gegen 9.00
Uhr erhielt ich einen Anruf von unserem Ortsbeauftragtem, der sich zu dem Zeitpunkt
in der Einsatzzentrale des Landesverbandes Bayern befand, daß um 12.00
Uhr Treffpunkt in der Unterkunft sei. Wir sollen als Beleuchtungstrupp nach
Stendal abrücken!

Mit fünf Mann, einem GKW II und unserem Lichtmast machten wir uns gegen
12.45 Uhr auf den Weg zum Einsatz. Die Fahrt in unser Zielgebiet war lang,
die Stimmung dafür um so besser. Jeder wußte, daß die Zeit
dort nicht leicht sein würde, doch wir waren uns unserer Aufgabe bewußt.
Nach langer Fahrt und kleinen Koordinationsproblemen, entstanden durch das überlastete
Mobilfunknetz, konnten wir schließlich um 23.00 Uhr unsere Ankunft im
Bereitstellungsraum 3, in Arneburg bei Stendal, anmelden. Uns bot sich ein
Anblick, der wirklich einmalig war! Der Bereitstellungsraum war auf dem Gelände
eines zu DDR-Zeiten gebauten, wegen der Wende aber nicht fertiggestellten Atomkraftwerkes.
Das ganze Gelände war “blau”! So viele THW-Helfer, Fahrzeuge
und Maschinen habe ich in meinem Leben noch nie auf einem Haufen gesehen. Nach
Aussagen der Führungsstelle waren zu diesem Zeitpunkt ca. 1.500 THW-Angehörige
vor Ort. Die Luft war wiederum übersät von Hubschraubern vom Bundesgrenzschutz
und dem Heer. Deren Aufgabe war der Transport der Sandsäcke in Gebiete,
wo keine LKW´s mehr durchkamen.

Nach unserer Ankunft machten wir eine Stunde Pause zum Essen und Ausruhen.
Danach zogen wir uns einsatzbereit in eine der zahlreichen Hallen zurück.
Leider kam in dieser Nacht kein Einsatzbefehl mehr. Am Mittwoch schafften wir
uns einen Überblick über den Bereitstellungsraum und stellten fest,
daß in diesem auch das Hubschrauberlandefeld und Sandsackverladezentrum
untergebracht waren. Unserer Gruppenführer schloß sich mit der Einsatzleitung,
der FGrFK Dortmund und Jülich zusammen und klärte unsere Verwendung
ab. Während dessen überprüften wir den Lichtmasten auf eventuelle
Transportschäden, konnten aber keine feststellen. Somit war unsere Gerätschaft
zu 100% einsatzbereit. Als wir mit der Überprüfung fertig waren,
wurde uns unsere Aufgabe zugeteilt: Zusammen mit den Ortsverbänden Lindau
und Lindenberg sollten wir das Flugfeld ausleuchten. Wir waren froh, eine Aufgabe
zu haben!
An diesem Tag trafen wir die Kippermannschaft aus unserem OV, die nach vielen
Orten auch bei uns stationiert wurde. Sie hatten viel gesehen und viel zu erzählen.

Gegen Abend bauten wir unseren Lichtmasten auf und nahmen ihn, erst mal mit
Fremdeinspeisung, in Betrieb. Die Leute waren von der Größe und
Leuchtkraft begeistert. Viele sprachen uns darauf an. Unsere Arbeitszeit war
nachts, tags schliefen wir. Wir sorgten dafür, daß die Nacht zum
Tage wird, was uns auch gelungen war! Einmal mußten wir auf eigene Stromversorgung
umstellen, da die FGrE Osnabrück Wartungsarbeiten an ihrem NEA durchführte.
Dies war aber kein Problem für uns.

Im Laufe der Tage haben wir uns ein richtig “schönes” Zuhause
geschaffen. Wir fanden einen kaputten Pavillon, der mit viel Holz, Klebeband
und Sandsäcken doch noch von uns verwendet werden konnte. Wir bauten ihn
direkt an unserem Lichtmasten auf. Gleich daneben stand der GKW II. Dafür
daß alles provisorisch war, war es doch recht wohnlich. Die Versorgung
mit Essen und Getränken war phänomenal. Zu trinken (alkoholfrei!)
gab es immer genug, warmes Essen gab es ca. 20 Stunden am Tag, die restlichen
4 Stunden war Frühstückszeit. Kaffe, welcher unser “Lebenselixier” war,
gab es im Überfluß. Das einzige was wirklich Mangelware war, war
Autan. Bei den vielen Mücken mußte man da wirklich kämpfen!

So verbrachten wir unsere doch recht interessanten Tage.
Am letzten Tag wurde es leider etwas chaotisch. Durch die unklare Lage im gesamten
Krisengebiet, konnte die Einsatzleitung nicht genau erkennen, welche Kräfte
noch benötigt werden. Somit konnten sie uns nicht sagen, ob wir fahren
dürfen, oder da bleiben müßten. Aus diesem Grund kam aus
München die für uns geplante Ersatzmannschaft. Jedoch bei deren
Ankunft, erhielten wir den Abmarschbefehl, Richtung Heimat…

Im nachhinein betrachtet war dies für uns ein nicht besonders anstrengender,
doch sehr interessanter Einsatz. Er hat unseren Teamgeist verstärkt und
uns gezeigt, daß das, was wir lernen und üben, doch einen Sinn macht!
Ich persönlich möchte diese Erfahrung nicht missen und bin jederzeit
bereit, zum Einsatz auszurücken!